Eine neue Studie des International Observatory on Information and Democracy zeigt, dass die ständige Diskussion über Desinformation, statt die Demokratie zu bedrohen, eher zu einem Misstrauen gegenüber den Medien führt. Der Digitalisierungsexperte Matthias Kettemann von der Universität Innsbruck betont, dass die zunehmende Aufmerksamkeit auf Desinformation die Desinformationsakteure begünstigt und ein Gefühl der Unsicherheit schürt.
Die Diskussion über Desinformation tut der Demokratie nicht, sondern den Medien schadet. Der Digitalisierungsexperte Matthias Kettemann vom Institut für Theorie und Zukunft des Rechts der Universität Innsbruck sagt: „Wir konnten empirisch keine Beweise finden, dass Desinformation die Demokratie zerstört. Auch wenn es anhand einzelner Phänomene so scheinen mag.
“ Dies ist das Ergebnis einer globalen Studie des International Observatory on Information and Democracy zu den Wechselwirkungen zwischen Informationsökosystemen und Demokratie. An der Studie waren 60 Expertinnen und Experten beteiligt, die 1600 Quellen auswerteten und mehr als vierzig Forschungsfragen zu 65 Themen in 84 Ländern hinsichtlich von Fehl- und Desinformation in den Bereichen künstliche Intelligenz (KI), Medien und Datenregulierung behandelten.Den Forschenden ist es nicht gelungen, eine eindeutige Faktengrundlage für den Klimawandel im Diskurs in der digitalisierten Welt zu definieren. Allerdings konnten sie zeigen, dass die Diskussion über Desinformation ein wachsendes Misstrauen gegenüber den Medien erzeugt. Kettemann: „Das Problem ist also eher, dass wir zu viel über Desinformation sprechen.“ Das sei auch das Interesse der „Desinformationsakteure“, meint er. „Es geht primär darum, ein diffuses Gefühl der Unsicherheit, der Zukunftsangst, des Misstrauens gegenüber den Medien zu erzeugen.“ Letztlich habe der Diskurs über Desinformation negativere Wirkungen als die Desinformation selbst. Hier brauche es mehr Bildung und kritische Medienkompetenz. „Die Gesellschaft muss Rückgrat zeigen und sicherstellen, dass wir uns nicht von diesen Akteuren ins Boxhorn jagen lassen“, forderte der Experte.Matthias Kettemann betont, dass die Reduzierung der Maßnahmen gegen Desinformation auf einigen Plattformen ein Rückschritt sei, der insgesamt zu mehr Hass führen werde. Hier komme es zu einer Verschiebung des Selbstverständnisses. Der Ersatz von Faktencheck-Programmen bei den Diensten Facebook und Instagram in den USA durch ein System der „Community-Notes“ diene dazu, sich als Retter der Meinungsäußerungsfreiheit zu gerieren. Dieser einordnende Kontext durch die Nutzer würde aber regelmäßig zu spät kommen, bevor polarisierende Informationen oder rechtsverletzende Posts die Runde machen. Die Studie weist außerdem auf Defizite der bisherigen Forschung hin, die vor allem den Globalen Norden, besonders die USA, berücksichtigt, wenn es um Desinformation und Risikominderung geht. Auch Studien zu diskriminierenden Datenpraktiken konzentrieren sich auf wenige große Unternehmen, während globale Perspektiven fehlen. „Die Wachstumsmärkte sind definitiv im globalen Süden“, betont Kettemann. Was die Studie einmal mehr betont, ist die Bedeutung einer verantwortungsbewussten und ethischen Nutzung von KI. Denn diese wirkt in sozialen Medien polarisierend, wenn sie nicht überwacht wird.
Desinformation Demokratie Medien KI Forschung
Österreich Neuesten Nachrichten, Österreich Schlagzeilen
Similar News:Sie können auch ähnliche Nachrichten wie diese lesen, die wir aus anderen Nachrichtenquellen gesammelt haben.
TikTok im Visier: EU-Institutionen gegen Desinformation und ausländischer Einfluss bei WahlenDer Schockwahlsieg des Rechtsextremisten Georgescu in Rumänien wirft Fragen nach dem Einfluss von TikTok auf Wahlen auf. Die EU-Kommission prüft die Plattform auf ihre Schutzmaßnahmen gegen Desinformation und ausländischer Einfluss. Politiker fordern sogar ein Verbot von TikTok.
Weiterlesen »
Hunderte demonstrieren in Damaskus für Demokratie und FrauenrechteNach dem Sturz von Bashar al-Assad demonstrierten hunderte Menschen in Damaskus für Demokratie und Frauenrechte. Die Demonstranten fordern eine demokratische Gesellschaft und betonen die Bedeutung der Teilhabe von Frauen am politischen Leben. Die neuen Machthaber, angeführt von der islamistischen Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS), versichern, die Schulbildung für Mädchen nicht zu beeinträchtigen.
Weiterlesen »
Klingbeil Warnt vor Musk und Putin: Demokratie bedrohtLars Klingbeil, der Chef der deutschen Sozialdemokraten, sieht in Elon Musk eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland. Er vergleicht den Tech-Milliardär mit Wladimir Putin und wirft ihm vor, die Wahlen zu beeinflussen und Demokratiefeinde zu unterstützen. Klingbeil fordert die EU-Kommission auf, die Medienmacht von Musk einzuschränken.
Weiterlesen »
Diskussion im ÖSV-Riesentorlauf TeamJulia Scheib fährt als Vierte in Kranjska Gora, aber kritisiert das Training des ÖSV. Trainer Christian Perner wehrt sich gegen die Vorwürfe und fordert von den Athleten mehr.
Weiterlesen »
ÖVP steht vor Nehammer-Nachfolger: Kickl als Kanzler in der DiskussionDie ÖVP steht vor einem Umbruch nach dem Rücktritt von Karl Nehammer als Bundeskanzler. Der Parteivorstand wählt am Sonntag einen Nachfolger, der möglicherweise in einer Koalition mit der FPÖ unter Herbert Kickl als Vizekanzler fungieren würde.
Weiterlesen »
Fischler warnt vor Demokratie-Risikierung bei Blau-SchwarzEx-ÖVP-Minister Franz Fischler sieht Österreich in einer „demokratieriskierenden Situation“ sollte es zu einer Koalition zwischen ÖVP und FPÖ kommen. Er kritisiert die gescheiterten Koalitionsverhandlungen und befürchtet, dass viele Bürger der Politik den Rücken kehren werden.
Weiterlesen »