Anna Bergmann inszeniert „Die Unbekannte aus der Seine“ am Wiener Volkstheater verstörend gut.
Ein Mann wiegt Uhren und Schmuckstücke in seinen Händen, windet sich damit am Boden, blickt fassungslos auf einen Trupp in schwarzen Anzügen, die einementnommen sein könnten. Wie ferngesteuerte Roboter bewegen sich diese seltsamen Gestalten.
Ihre Gesichter verbergen sie hinter Plexiglasvisieren, einige von ihnen treiben eine fast nackte Gestalt in Fesseln vor sich her. Ein schwarz gekleideter Kinderchor intoniert einen Popsong. Ein Bub mit einem schwarzen Luftballon tritt auf.. Genuin führt die deutsche Regisseurin dessen Komödie aus dem Jahr 1933, „Die Unbekannte aus der Seine“, in die Gegenwart und Zukunft.geborgen worden war.
Ihn hat diese Maske zu einer mystischen Frauengestalt inspiriert. Diese erscheint mitten in der Nacht auf der Straße und beobachtet, wie Albert einen Uhrmacher, bei Bergmann eine Uhrmacherin, in einem dunklen Haus meuchelt und beraubt.Sie verschafft ihm ein Alibi, will aber dafür seine Zuwendung. Bei Horváth geht sie ins Wasser, um den Verbrecher nicht zu verraten. Bei Bergmann wird sie von Albert ertränkt.
Das Verblüffende an Bergmanns Deutung ist, dass sie sehr frei mit Horváths Text umgeht und sich dennoch ganz nah an diesem Autor bewegt. Mit Versatzstücken aus dessen „Geschichten aus dem Wienerwald“, „Glaube, Liebe, Hoffnung“ und Texten vonzeigt sie ein Pandämonium von verlorenen Seelen, die desperat versuchen, aneinander Halt zu finden.
Wie ein Subtext schwebt Horváths Hang zum Aberglauben ständig mit. Mit ihren Regieeinfällen geht Bergmann großzügig um. Bei einem Polterabend etwa lässt sie den Bräutigam, der bei ihr Männern zugetan ist, als Braut in weißen Strümpfen auftreten, sein Gegenüber tritt wie eine Marvel-Comicfigur auf. Das ist nur ein Moment dieser Bilderflut, die eine starke Sogwirkung entwickelt, wenn man sich ganz darauf einlässt.
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