Die EU-Kommission wird unter dem Druck der US-Regierung und großer Tech-Firmen zu einer Neubewertung ihrer Ermittlungen gegen Unternehmen wie Apple, Meta, Amazon und Alphabet gezwungen. Die EU-Kommission dementiert die Überlegungen, die Fälle gegen Big Tech zu überarbeiten, betont aber die politische Realität, die Einfluss auf die technische Arbeit nehmen kann. In der deutschen Politik mischt sich der X-Besitzer Elon Musk in den Wahlkampf ein. Fachleute befürchten, dass die EU dem Druck der USA nachgeben könnte und die Regulierung von Big Tech in Frage gestellt wird.
Der designierte US-Präsident Donald Trump wird seit seinem Wahlsieg im November vergangenen Jahres von den Chefs der großen US-Tech-Firmen hofiert. Auf die EU wächst der Druck, ihre digitale Regulierung gegen Big Tech zu überdenken. Laut einem „Financial Times“-Artikel (FT, Dienstag-Ausgabe) will die EU-Kommission ihre Ermittlungen gegen US-Tech-Konzerne wie Apple , Meta , Amazon und Alphabet nun neu bewerten.
Hintergrund sei, dass die Unternehmen Trump drängten, gegen das Vorgehen der EU einzuschreiten, berichtete die Zeitung unter Berufung auf Insider. Die EU brachte in den vergangenen zwei Jahren mit dem Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act, DSA) und für digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) umfassende Gesetzespakete auf den Weg. Damit soll die Marktmacht der großen Tech-Firmen eingedämmt und diese verpflichtet werden, gegen illegale Inhalte und Falschinformationen vorzugehen. Bei Verstößen drohen den Unternehmen Strafen in Milliardenhöhe. Die Neubewertung der Ermittlungen könnte dazu führen, dass Brüssel den Umfang der Untersuchungen reduziere oder ändere, so die FT. Im Fokus stünden alle Fälle, die seit März unter dem DMA eingeleitet wurden. Während dieser Überprüfung sollen alle Entscheidungen und mögliche Geldstrafen ausgesetzt, die technische Arbeit an allen Fällen soll aber fortgesetzt werden. In einer Stellungnahme am Dienstag dementierte die EU-Kommission, dass eine Überprüfung der Ermittlungen durchgeführt werde. Auch wenn Trump US-Präsident sei, beeinflusse das nicht die Durchsetzung der Gesetze gegenüber den Tech-Firmen.Die Fälle befänden sich noch auf einer technischen Ebene und hätten daher noch nicht den Punkt erreicht, an dem Entscheidungen getroffen werden könnten, so ein Vertreter der EU-Kommission im Rahmen der täglichen Pressekonferenz. Es wurde aber eingeräumt, dass es eine „politische Realität geben kann, die Druck auf die technische Arbeit ausübt“. Ein Beamter gab gegenüber der FT aber zu bedenken, dass sich die Prioritäten verschieben könnten: „Die (digitalen Regeln, Anm.) stammen von der vorherigen Kommission.“ Die Kommissarin Margrethe Vestager und der Kommissar Thierry Breton, die eine harte Linie gegenüber den Tech-Firmen vertreten hatten, sind nicht mehr Mitglieder der Kommission. Besonders deutlich traten in den vergangenen Tagen X-Eigentümer Elon Musk, der unter Trump auch aktiv in der Politik mitmischt, und Meta-Chef Marc Zuckerberg auf. Musk mischte durch ein groß angekündigtes Gespräch mit AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel auf der Plattform X im deutschen Wahlkampf mit. Zuckerberg forderte Trump in einem Interview mit dem bekannten Podcaster Joe Rogan auf, die Tech-Firmen vor Geldstrafen in der EU zu schützen. Diese hätten in den vergangenen zwei Jahrzehnten in der EU mehr als 30 Milliarden Dollar an Strafen gezahlt. Zudem warf er der EU aufgrund des digitalen Regulierungssystems „Zensur“ vor. Diesen Vorwurf wies die EU-Kommission umgehend zurück. Das betreffe nur Material, das schädlich sei, etwa für Kinder und die Demokratien der EU-Staaten. Meta will künftig in den USA den Wahrheitsgehalt von Inhalten auf seinen Plattformen nicht mehr von Dritten prüfen lassen und stattdessen auf Nutzer und Nutzerinnen („Community Notes“) setzen. In der EU soll das Meta-Prüfprogramm bestehen bleiben. Die wenigen Reaktionen aus der EU auf die Kritik schlugen kaum Wellen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerte sich dazu bisher gar nicht. Sie war allerdings die gesamte vergangene Woche erkrankt. Am Montag hieß es aus der EU-Kommission, dass überprüft werde, ob das Musk-Weidel-Gespräch in unlauterer Weise aufgebauscht worden sei, um einer politischen Kandidatin einen Vorteil zu verschaffen. Am Wochenende reagierte die neue EU-Digitalkommissarin Henna Virkkunen auf die Angriffe von Musk und Zuckerberg, ohne diese namentlich zu erwähnen. Sie kündigte eine konsequente Durchsetzung der in der EU geltenden Regeln für Onlinenetzwerke an. Sie hätten Vertrauen, dass die Kommission den DSA bewerten und durchsetzen könne, hieß es am Montag vom deutschen Digitalminister Volker Wissing und seiner französischen Amtskollegin Clara Chappaz, berichtete das Nachrichtenportal Euractiv. Fachleute sehen die EU derzeit aber eher auf Kurs, eine Konfrontation mit Trump und Big-Tech-Vertretern zu vermeiden. „Es besteht zweifellos der Wunsch, vielleicht auch zu Unrecht, Trump und Musk nicht frontal anzugreifen, weil man Angst vor den Reaktionen hätte“, sagte Alexandre de Streel vom Thinktank Centre on Regulation in Europe gegenüber der AFP. Bei einigen Abgeordneten im EU-Parlament wächst die Sorge, dass die EU-Kommission Forderungen aus den USA nachgeben könnte. Die französische Abgeordnete Stephanie Yon-Courtin schrieb von Leyen einen Brief und warnte davor, dass Europa vor dem Druck der USA einknicke: „Eine Aussetzung oder Verzögerung der Sanktionen im Rahmen des DMA wäre eine inakzeptable Kapitulation“.
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