Der Autor analysiert die neue österreichische Regierung und kritisiert die ÖVP scharf. Er bemängelt fehlende personelle Erneuerung, mangelnde Kontinuität in der Finanzpolitik und politische Entscheidungen, die gegen die Interessen der Haus- und Wohnungsvermieter geschehen. Außerdem kritisiert er die fehlende Reue bezüglich der Korruptionsaffären und die Fokussierung auf interne Machtstrukturen.
Das primäre Ziel, die Opposition in Schach zu halten, scheint kurzfristig gelungen. Langfristig spielt die ÖVP ihr allerdings in die Hände. In der letzten Regierung hießen die eher populären ÖVP -Minister Magnus Brunner, Martin Kocher und Karoline Edtstadler. Alle haben die Regierung verlassen. Parteichef Karl Nehammer wurde durch Christian Stocker ersetzt. Geblieben sind die weniger populären ÖVP -Minister, gekommen ist etwa Wolfgang Hattmannsdorfer.
Sie bilden die Machtpositionen einzelner Bundesländer ab. Eine durchgreifende personelle Erneuerung schaut anders aus. Bezeichnenderweise ist dem ÖVP das Finanzministerium offensichtlich weniger wichtig als das Innenministerium – ganz zu schweigen vom Justizministerium. Seit 2007 hatte die Republik acht der ÖVP zuordenbare und zwei unabhängige Finanzminister. Bei einer derartigen Halbwertszeit kann niemand eine langfristige Finanzperspektive entwickeln. Kaum hatte ein ÖVP-Finanzminister seine zweite Budgetrede gehalten, wurde er bereits ausgetauscht. Konsequente Fiskalpolitik schaut anders aus. Wenn die ÖVP ein übermäßiges Budgetdefizit hinterlässt und der SPÖ das Aufräumen überträgt, halten sich einige vermutlich für taktisch besonders klug. Möge der Koalitionspartner für die notwendigen Maßnahmen getadelt werden. Sämtliche Staatsbeteiligungen ressortieren nun über das Finanz- und das Infrastrukturministerium zur SPÖ. Tatsächlich ist von den Sozialdemokraten mittelfristig kaum ein anderes Budgetverhalten zu erwarten als von den letzten ÖVP-Finanzministern. Die Aufblähung der Regierungsposten ist kein gutes Vorzeichen. Fiskalpolitische Weitsicht schaut anders aus. Auch bei den Pensionen ist der große Wurf nicht gelungen. Hinsichtlich der Pensionsausgaben wollen die Parteien laut Regierungsprogramm Maßnahmen ergreifen, wenn im Jahr 2030 (sic!) der vorgesehene Budgetpfad nicht eingehalten werden kann. Ernsthaftigkeit schaut anders aus. Wenn die ÖVP nun der Beschneidung der Wertsicherung der Mietzinse und der Verlängerung der Mindestmietdauer auf fünf Jahre zustimmt, mag dies ihrer bisherigen Linie gegen eine faire Behandlung der Haus- und Wohnungsvermieter entsprechen. Tatsächlich handelt es sich um gravierende Eingriffe in die Freiheit privater Vertragsverhältnisse. Marktwirtschaftliche Politik schaut anders aus. Vergessen haben dürfte man in der ÖVP, dass sie in der letzten Legislaturperiode zwischen großteils leergelaufenen Ermittlungen, teilweise schwer verständlichen Anklagen und dem sogenannten ÖVP-Korruptionsausschuss aufgerieben wurde. Die Strafverfolgung darf nicht den Eindruck erwecken, eine Art Ersatzopposition zu sein. Die juristische Flanke der ÖVP ist nach wie vor offen. Man denke nur an die später als rechtswidrig erkannte BVT-Hausdurchsuchung. Intelligente Justizpolitik schaut anders aus. Wenn man im niederösterreichischen ÖAAB stolz darauf ist, dass man das Innenministerium gehalten hat und auch weiterhin den Bundeskanzler stellt, mag dies mit dem engen Verständnis einer Teilorganisation kompatibel sein. Staatspolitische Verantwortung schaut anders aus.
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