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Kein Skizirkus, kein Wellnesshotel, kein Gewerbegebiet – im abgeschiedenen Gebirgstal der Jachenau leben die Menschen nach alten Traditionen. Es gibt viele Gründe, warum von hier niemand weg will.

So eine Schneekatastrophe wie damals vor vier Jahren, die wäre ihnen eigentlich allen recht. Als Katastrophe hat das hier ohnehin niemand empfunden. Einmal für ein paar Tage eingeschneit zu sein, abgetrennt von draußen.

Wenn Anni Fichtner an diesem späten Winternachmittag droben in der Tenne den aus ein paar Brettern genagelten Deckel von der Luke zieht und mit der Gabel frisches Heu hinunter in den Stall fallen lässt, dann macht sie eine Arbeit, wie sie hier auf dem Mesnerhof schon seit Jahrhunderten gemacht wird.Anni Fichtner hat diese Arbeit schon als Kind gemacht.

„Ja mei, irgendwie hat einem die Arbeit geholfen“, sagt sie. „So viel Arbeit, dass du gar nicht richtig zum Nachdenken kommst.“ Wie es bisher immer weitergegangen ist, das weiß in der Jachenau niemand so genau wie einer, dessen Vorfahren fern von hier begraben liegen. Wo all die alten Papiere, die vielen Urkunden und die Stammbäume im Kasten liegen, das wissen die Bauern in der Jachenau alle ganz genau. Die Zeit, die alten Schriften zu entziffern, die Papiere zu lesen, das Erlesene übers ganze Tal miteinander in Beziehung zu setzen und den Rest im Diözesanarchiv in Augsburg und im Münchner Staatsarchiv in Erfahrung zu bringen, hat sich in der jüngeren Vergangenheit aber eigentlich nur Jost Gudelius genommen.

Die Zahl der Höfe wuchs anfangs nur langsam. Lange sind es nur 17 und gegen Ende des 15. Jahrhunderts dann 22, die Gudelius und die Chronisten vor ihm in alten Karten und Urkunden gefunden haben. 1808 gab es in dem ungefähr 15 Kilometer langen Tal der Jachen und droben am Walchensee, dessen Süd- und Ostufer ebenfalls zum Gebiet der Gemeinde Jachenau gehören, insgesamt 60 Anwesen.

Zehn oder zwölf Grad kälter als im Dorf sei es an solchen Tagen, sagt der alte Luitpolder, der bürgerlich Benedikt Riesch heißt und so alt noch gar nicht ist mit seinen 64 Jahren. Aber den Hof macht halt schon der Sohn. Im Sommer bekommen die Wiesen hier die meiste Sonne im ganzen Tal, aber von 20. November bis 20. Januar bleibt sie dafür sogar mittags im Süden hinter dem Staffel und dem Zwölferköpfl.

Riesch hat daraus zusätzlich noch einen Nebenerwerb gemacht und auch für andere Holz gerückt, ganz früher noch mit Rossen und später mit einer transportablen Seilbahn, mit der sich Baumstämme auch steile Berghänge hinunterschaffen lassen. Wenn er jetzt in seinem eigenen Holz steht, die Augen zusammenzwickt und kurz nach oben schaut, dann muss er nicht lange überlegen, an welchen der dünnen Stämme er die Kettensäge ansetzt, um den anderen ein bisschen mehr Licht und Luft zu verschaffen.

Vom eigenen Grund etwas herzugeben, das kommt für die Bauern nicht in Frage. Allerhöchstens werde getauscht, sagt Anni Fichtner, die Mesnerbäuerin. Sepp Tiefenbrunner, der Hanslbauer, erinnert sich noch gut, dass er einmal einem drei Quadratmeter verkauft hat, damit der sein neues Carport bauen kann.

In seinem alten Sägewerk in Mühle schneidet Tiefenbrunner mit Hilfe zweier Afghanen vom Lainerhof die Stämme aus den Wäldern ringsum zu Bauholz. Wohnen bleiben wollen die meisten aber unbedingt im Tal. Besonders ortsfest waren da immer schon die Männer, herein- oder hinausgeheiratet haben stets eher die Frauen.

Wenn der Trachtenverein seinen Abschlussball für die Jugend abhält, dann ist der Saal im Schützenhaus voll. Die Vereine organisieren das gesellschaftliche Leben im Tal, viele andere Möglichkeiten gibt es nicht. Das Vereinsleben und das ganze Brauchtum sind eng mit der Kirche verknüpft, ungefähr 800 der 840 Jachenauer sind immer noch katholisch.

Die Menschen hier seien sehr offen und freundschaftlich, es sei einfach mit ihnen umzugehen, sagt Pater Gracious. Im Gemeinderat ist Eugenie Grünwald die einzige Frau. Ansonsten trägt in dem Gremium eine komfortable Zwei-Drittel-Mehrheit gestrickte Janker, und zwar nicht die mit Kapuze, in denen sich heimatsehnsüchtige Städter gern so verwurzelt fühlen würden wie die Jachenauer.

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