Die Regierung muss bei der Impfpflicht Leadership zeigen. Das wird auch bei schlechten Botschaften geschätzt – und gilt auch für die SPÖ.
Lange hat der Drei-Parteien-Schulterschluss zur Impfpflicht nicht gehalten. Noch am Freitag protestierten Abgeordnete des SPÖ-Parlamentsklubs gegen die Bevormundung durch ihre Klubchefin Pamela Rendi-Wagner und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, der in Tirol mit eigener Unterschrift die rote Zustimmung zur Impfpflicht besiegelt hatte.
Dass Ludwig hier zwar in Absprache mit Rendi-Wagner aber unzuständigerweise agiert hatte, tut nichts zur Sache. Ludwigs Wort und jenes von Doskozil, Kaiser und Rendi-Wagner haben in der SPÖ so viel Gewicht, dass die Zustimmung als in Stein gemeißelt gilt. Dass es die roten Abgeordneten nun zur Bedingung machen, dass die Impfpflicht gar nicht kommen soll, wenn bis Jänner eine hohe Impfquote erreicht wurde, ist unlogisch.
Die Zustimmung der SPÖ zur Impfpflicht ist für die notwendige Mehrheit im Parlament nicht erforderlich, es reichen die Stimmen der ÖVP-Abgeordneten und der Grünen. Dennoch wäre ein rotes Ja wichtig und der SPÖ hoch anzurechnen: Ein derart weitgehender Eingriff sollte eine breitestmögliche Mehrheit haben.
Doch es ist vor allem an der türkis-schwarz-grünen Regierung, dass in dieser Frage nun Linie gehalten wird. Dass jene Leadership, die in den vergangenen Monaten so schmerzlich gefehlt hat, zurückkehrt. Dass die Ankündigung der Impfpflicht nicht nur eine Beruhigungspille für wütende, verstörte und verzweifelte Geimpfte bleibt, die jetzt wieder in den Lockdown mussten.
Natürlich ist zu erwarten, dass die Realisierung dieser europaweit bisher einzigartigen Maßnahme weitere Widerstände hervorrufen wird. Die Demonstrationen werden größer, vielleicht auch heftiger werden. Doch das muss eine Regierung aushalten. Und Politik ist auch vergesslich: Wenn es der Regierung Schallenberg mit dieser Maßnahme gelingt, künftige Lockdowns und Einschränkungen zu verhindern, wird das vieles vergessen machen.
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