Der frühere Wirecard-Chef Markus Braun sieht sich selbst als Opfer. Doch laut Kronzeugen der Anklage war er nicht nur Mitwisser, sondern Täter. Wirecard
„Aus kleinen Lügen wurden große Lügen“, ließ Bellenhaus die Anfänge der kriminellen Geschäfte im Ungefähren. Er berichtete jedoch von mehreren Besprechungen, an denen Braun und andere Beschuldigte teilgenommen und beraten haben sollen, wie die Fassade der erfundenen Geschäfte gewahrt werden könne.Wirecard war ein Zahlungsdienstleister, der hauptsächlich Kreditkartenzahlungen im Einzelhandel und im Internet abwickelte.
Der Dax-Konzern brach im Juni 2020 nach dem Eingeständnis zusammen, dass 1,9 Milliarden angeblich auf südostasiatischen Treuhandkonten verbuchter Drittpartner-Gelder nicht auffindbar waren. Die Staatsanwaltschaft wirft den drei Angeklagten, dem untergetauchten Vertriebsvorstand Jan Marsalek und weiteren Beschuldigten vor, eine Bande gebildet und die Kreditgeber des Konzerns um 3,1 Milliarden Euro geprellt zu haben.
Bellenhaus warf seinerseits Braun „Denkfehler“ vor. Wenn das Drittpartner-Geschäft existiert hätte und profitabel gewesen sei, hätten sich auch nach dem Wirecard-Kollaps Spuren davon finden lassen müssen. „Nach dem 18.6.2020 soll all das spurlos über Nacht untergegangen sein“, sagte Bellenhaus. So hätten sich über 1000 Händler einen neuen Partner für die Zahlungsabwicklung suchen müssen.
Brauns Verteidiger Alfred Dierlamm will den Prozess wegen gravierender Vorwürfe an die Adresse der Staatsanwaltschaft stoppen lassen. Dierlamm wirft den Ermittlern vor, erst viel zu spät mit der Untersuchung der tatsächlichen Zahlungsflüsse begonnen zu haben.Die Verfahrensbeteiligten würden mit neuen Unterlagen überflutet, sagte der Anwalt - kurz vor Prozessbeginn 44 000 PDF-Seiten, danach noch einmal weitere 11 000 Seiten.
Die Staatsanwaltschaft wies die Kritik zurück. „Die Akten zu dieser Anklageerhebung sind vollständig“, erklärte die Ermittlungsbehörde auf Anfrage. Die von Braun und Dierlamm angeführten Milliarden auf den Konten ehemaliger Wirecard-Geschäftspartner betreffen demnach Geschäfte, die gar nicht Teil der Anklage und somit für das Verfahren irrelevant sind. Die Kammer hat noch nicht über den Aussetzungsantrag entschieden.
Österreich Neuesten Nachrichten, Österreich Schlagzeilen
Similar News:Sie können auch ähnliche Nachrichten wie diese lesen, die wir aus anderen Nachrichtenquellen gesammelt haben.
Wirecard-Prozess: „Wirecard war ein Krebsgeschwür, ein System des organisierten Betrugs“ – Kronzeuge belastet Ex-CEO BraunMit schwerwiegenden Anschuldigungen eröffnet der Kronzeuge Oliver Bellenhaus den dritten Verhandlungstag des Wirecard-Prozess. Im Zentrum: der Ex-Vorstandschef.
Weiterlesen »
Wirecard-Prozess: Früherer Chef Braun will offenbar doch aussagenEben noch verweigerte Markus Braun seine Aussage vor Gericht, nun will er womöglich doch sprechen - und zwar schon bald. Sein Anwalt versucht währenddessen erneut, das Verfahren aussetzen zu lassen.
Weiterlesen »
Wirecard-Prozess: Der Braun-Gegenspieler sprichtAm Münchener Landgericht geht heute der Wirecard-Prozess weiter. Mit Oliver Bellenhaus will an diesem dritten Prozesstag erstmals einer der Angeklagten ausführlich Stellung nehmen. Ex-CEO Markus Braun dürfte ihm sehr genau zuhören. 👇
Weiterlesen »
Kronzeuge nennt Wirecard ein 'Krebsgeschwür'Bereits kurz nach der Pleite von Wirecard stellt sich Manager Oliver Bellenhaus den Münchner Behörden und sagt umfassend aus. Vor Gericht beschuldigt er den früheren Vorstandschef Markus Braun jetzt als maßgebliche Figur bei jahrelangem Milliardenbetrug, der 'absolutistisch' gehandelt habe.
Weiterlesen »