Angesichts des dramatischen Lehrermangels findet unser Gastautor, dass weniger mehr sein kann: weniger Pflicht- und dafür mehr Förderstunden.
Die Position der Bildungssenatorin klingt nach „Viel hilft viel“. Aber stimmt es, dass Schüler:innen mehr lernen, nur weil wir sie mit mehr 45-minütigen Bildungsbausteinen in verschiedenen Fächern zuschmeißen? Schule darf sich nicht wie Fließbandarbeit anfühlen.Es sollte um Qualität von Lernen und Unterricht gehen, nicht um Quantität.
Ich kann meine eigenen Erfahrungen nicht verallgemeinern, aber ich wünsche mir in dieser Stadt eine ernsthafte Debatte darüber, ob in der jetzigen Situation weniger nicht mehr ist. Weniger Stunden, mehr Förderung. Weniger Stunden, mehr Zeit für jeden einzelnen Schüler, jede einzelne Schülerin. Eine Kürzung der Stundentafel per se mit einem Qualitätsverlust gleichzusetzen, wäre falsch. Weniger kann mehr sein. Welche Angebote für die Schüler:innen am passendsten sind, kann die jeweilige Schule am besten entscheiden. Deswegen sollten auch die Schulen und ihre demokratisch verfassten Gremien – u. a. die Schulkonferenz – selbst entscheiden, wie sie mit der jetzigen Mangelsituation umgehen. Dabei sollte ihnen auch erlaubt sein, die Stundentafel zu kürzen.
Die Diskussion um solch kurzfristige und zeitlich begrenzte Maßnahmen ist Ergebnis des bestehenden Personalmangels. Berlin wird auch in den nächsten Jahren einen riesigen Lehrkräftemangel aufweisen. Bundesweit werden laut einer Studie von Bildungsforscher Klaus Klemm bis 2030 rund 81.000 Lehrkräfte fehlen.