Es dämmert schon, als am Nachmittag des 26. Dezember in Wien-Schwechat eine Maschine der Georgian Airways Richtung Tiflis abhebt. Sie ist voll besetzt. Zwischen Dutzenden Georgiern, die mit großen Koffern und Säcken voller Geschenke über die Feiertage ihre alte Heimat besuchen, sitzt der Wiener Rechtsanwalt Wilfried Embacher. Er ist leicht angespannt, was den Erfolg seiner Reise betrifft.
So wie Tina, um die es in der Geschichte vor allem gehen wird. So wie Ana, 14, und Mariam, 10, die am Rande auch vorkommen. Die beiden Mädchen saßen wenige Wochen vor Tina im Flieger nach Georgien. Die Worte eines Polizisten brennen immer noch wie Salz in einer offenen Wunde, als profil die Geschwister – gemeinsam mit Tina – in Tiflis trifft. „Das Spiel ist aus“, soll der Beamte nach der Festnahme der Familie im November 2020 gesagt haben. Und dabei soll er gelächelt haben.
Ohne die Überweisungen der Großmutter väterlicherseits, die als 24-Stunden-Betreuerin in Griechenland arbeitet, „könnten wir uns das niemals leisten“, sagt Tinas Mutter. Ihre eigene Mutter verdiente als Volksschullehrerin mit 30 Jahren Berufserfahrung gerade einmal 160 Euro. Nun ist sie in Pension und muss mit noch weniger auskommen. Ohne Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten könnte sie – wie so viele im Land – nicht überleben.
Wir würden hier gerne einen Instagram Post zeigen. Leider haben Sie uns hierfür keine Zustimmung gegeben. Wenn Sie diesen anzeigen wollen, stimmen sie bitte Instagram zu.Ohne Hilfe von außen wäre das unmöglich. Ana ist von auffallender sprachlicher Gewandtheit. Ihr präziser Ausdruck, der reiche Wortschatz beeindruckte auch ihre Lehrer in Wien.
Nun zeigt er den abgeschobenen Mädchen und ihren Müttern den Mtatsminda, wörtlich „heiliger Berg“, wo im 6. Jahrhundert vor Christus ein Mönch Einkehr hielt und heute ein Fernsehturm steht, deutet auf eine Moschee in der Ferne, in der Sunniten und Schiiten gemeinsam beten, führt sie mit der Gondel-Seilbahn auf die Festung Narikala hinauf.
Das „Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern“ schrieb vor mehr als zehn Jahren fest, dass bei allen Maßnahmen, die Heranwachsende betreffen, das Kindeswohl vorrangig erwogen werden muss. So steht es in Artikel 1. Um das zu gewährleisten, sind die Betroffenen anzuhören. Selbst bei großzügiger Auslegung ist das, was Kinder und Jugendliche in der Praxis erleben, wenn sie außer Landes gebracht werden, damit schwer zu vereinbaren.
29. Dezember, Tianeti. Tina nützt den letzten Tag vor der Abreise, um für ihre Freundinnen Schminksachen und bunte Socken mit georgischen Motiven zu kaufen. Ihre Mutter Nino nimmt profil in das Dorf ihrer Kindheit mit. Es ist alles noch da: das Schlafzimmer, die Kommode, der Ofen, der Schreibtisch. Und das Patriarchat. Als Tina nach der Abschiebung aus Österreich neun Monate im Haus ihrer Oma lebte, gab es Tage, an denen sie niemanden sehen wollte. „Wozu?“, habe sie erwidert, als ihre Mutter sie bat, aus dem Zimmer zu kommen: „Mir hört ohnehin niemand zu. Ich werde hier nicht akzeptiert.
Tina ging im Bezirk in die Volksschule, ihre 2015 geborene Schwester Lea besuchte den Kindergarten. Als ihre Ältere zehn war, meldete Nino sie im Gymnasium Stubenbastei an, weil man hier Russisch unterrichtet. Über den Vater ihrer Kinder sagt Nino nicht viel. Nur: „Die Kinder haben ihn lieb. Er ist ihr Vater.“ Laut vorliegenden Informationen sitzt er derzeit in Wien in U-Haft.
Seine Kollegin Maria Marichici – sie ist Schulsprecherin der Anton-Krieger-Gasse – sagt im profil-Gespräch: „Ajla ist seit fünf Jahren in Österreich, Wien ist ihr Zuhause. Sie ist die Klassenbeste und will Sozialarbeiterin werden.“ Als vergangenen November der Direktor der Anton-Krieger-Gasse live in der „Zeit im Bild“ zum bevorstehenden Lockdown interviewt wurde, hielten Schülerinnen und Schüler Schilder in die Kamera. „Gerechtigkeit für Ajla“ stand auf einem.
Außer viel Emotionen kaum etwas inhaltlich-juristisches zum Verhalten der Mutter im Text.
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