Elend, Armut, Alkohol: Samstag; Das Grauen, das Katar mit aller Macht versteckt
Die sechs Inder lachen. Ihr Kumpel schläft, als sie ihrem Gast ihr stickiges, heruntergekommenes Zimmer zeigen, in dem sie zu siebt eingepfercht hausen. Müde wälzt sich der Schlafende herum. Blickt verdutzt in die Runde - und lacht mit. Es ist eine abstruse Situation. Gejauchze in unfassbarem Elend. Aberwitzig. Und doch so sinnbildlich für die krassen Gegensätze in Katar. Der reichsten Nation der Erde. Dem Ausrichter der pompösen, schillernden Fußball-WM 2022.
Jemanden zu finden, der bereit ist, mit einem Journalisten zu sprechen und seine Unterkunft zu zeigen, gestaltet sich zunächst kompliziert. Zwar sind viele Arbeiter - ausschließlich Männer, die Klamotten vom Schmierfett der Werkstätten oder vom Schutt der Baustellen verdreckt - auf den Straßen unterwegs, aber die meisten wiegeln leicht verschüchtert ab. Der Anblick eines Europäers auf den Straßen sorgt für Verwunderung. Andere sprechen kein Englisch.
Etwa 550 Menschen wohnen in ihrem vierstöckigen Betonklotz. Fünf bis sieben pro Zimmer. Pro Stockwerk gibt es eine verdreckte Toilette und eine abgenutzte Küchenzeile. Im Erdgeschoss dann noch einige Duschen. Das Ganze hat etwas von Viehstall mit etlichen Gehegen, so wenig Privatsphäre und Menschlichkeit bietet der Ort. Es dämmert und viele Arbeiter kehren von ihren Schichten heim, ziehen sich im Hof unter um die Hüften gebundenen Handtüchern aus und um.
Die Männer wissen, dass das Leben für sie nicht fair verläuft. Sie spüren es jeden Tag. Dennoch sind sie es gewöhnt, sich nicht zu beschweren. Das könnte sie in Katar den Job kosten. Und womöglich sogar das Visum. Angst regiert unter Arbeitenden. Und Bares. "Wir brauchen Geld", sagt Arjan und reibt den Daumen und den Zeigefinger aneinander. "Es geht immer nur ums Geld." Schweigen.
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